· Freud´sche Fehlleistung ·

Mein Geburtstag, irgendwann zwischen 20 und 30. Nur eine kleine Runde und als wir feierlich anstoßen und alle Cheers rufen, rutscht mir ein lautes, ebenso fröhliches Tschüüüß raus. Eine gute Freundin, die direkt neben mir steht, hat meinen Versprecher bemerkt und kann sich das Lachen kaum verkneifen. In den folgenden Tagen trenne ich mich von meinem damaligen Freund.

Was ist passiert? Ich habe ein Paradebeispiel einer Freud´schen Fehlleistung geliefert! 

Ja, der gute alte Sigmund Freud war ein scharfer Beobachter und er erforschte schon vor über 100 Jahren menschliche Phänomene, die nicht willentlich und damit nicht kontrolliert werden können und doch auftreten. Freud entwickelte die Theorie, dass uns nicht alle Gedanken, Wünsche, Ängste und Impulse bewusst sind, sondern in großen Teilen unbewusst. Heute wissen wir aus der neurophysiologischen Forschung, dass er damit Recht hatte und unser Gehirn tatsächlich nur wenig ins Bewusstsein dringen lässt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Manche Prozesse sind automatisiert und müssen nicht bewusst sein, z.B. Fahrradfahren. Unser Gehirn kann hierdurch ökonomisch arbeiten. Daneben gibt es Gedanken, Erinnerungen, Gefühle, die zu intensiv oder bedrohlich wären, würden sie uns bewusst. Sie dürfen uns also nicht bewusst werden und man kann das als eine Art Selbstschutzfunktion der Psyche betrachten.

Dieses Zurückhalten aus unserem Bewusstsein nennt man Abwehr und kann auf ganz unterschiedliche Weise erfolgen. Es geschieht ständig und überall, und manchmal dringt ein bisschen von dem, was eigentlich unbewusst bleiben soll, an die Oberfläche und kann dann kreative Formen annehmen: Du hast seit Wochen panische Angst vor dem Zahnarztbesuch, und vertust Dich prompt mit der Uhrzeit und kommst zu spät zu Deinem Termin. Oder Du lässt die Vase, ein Geschenk der ungeliebten Schwiegermutter, beim Putzen fallen, obwohl Dir so etwas eigentlich nie passiert. Jeweils scheinbar ein Versehen und eben doch kein Zufall! 

So wie mein Versprecher. Schon länger hatte ich mich in der damaligen Partnerschaft unwohl gefühlt, mich aber noch nicht mit einer möglichen Trennung auseinander gesetzt. Durch meinen Versprecher, der also keine Fehlleistung, sondern eine Richtigleistung war, wurde mir dies bewusst und danach war ich ganz klar.

Also, versprich Dich nicht zu viel, aber wenn, dann richtig!